Wie realistisch ist ein Handy-Verbot an Schulen?
Tiktok, Chat GPT und digitales Mobbing – neun Schüler aus Schafflund geben einen Einblick in ihren Alltag
Die Kombi Handy und Jugendliche ist eines der Reizthemen, das nicht nur Eltern, Lehrer, Bildungsministerinnen beschäftigt, sondern vor allem natürlich auch die Kinder und Jugendliche selbst. In Dänemark sollen Mobiltelefone an Schulen künftig komplett verboten werden, auch der Mann, der wahrscheinlich deutscher Bundeskanzler wird, ist dafür. Wir haben uns mit der Schülervertretung der Schule am Meer in Schafflund zusammengesetzt: Was sagen die Siebt- bis Zehntklässler selbst dazu? Fast alle der Jugendlichen in dieser Runde, haben spätestens in der fünften Klasse ein Handy bekommen.
Wie viel Zeit würdet ihr schätzen, verbringt ihr am Tag so am Handy?
Fylu: Oh Gott. Ich traue mich gar nicht, nachzugucken. (Die Schüler schauen in die Wochenberichte ihrer iPhones)
Maya: Also letzte Woche waren es drei Stunden vierzig. Also ich glaube für Winter finde ich das ganz gut. Im Winter können das auch mal an einem Tag fünf, sechs Stunden sein.
Nis Randers: Gestern sieben Stunden dreiundzwanzig.
Fylu: Siebeneinhalb Stunden in der letzten Woche.
Und was macht ihr mit Eurem Handy hauptsächlich?
(Fast unisono) : Tiktok.
Seid ihr alle auf Tiktok?
Maya: Also ich habe bewusst vor einem Jahr entschieden, dass ich Tiktok lösche. Klar ist es witzig, aber ich habe gemerkt, wie die Aufmerksamkeit darunter leidet. Ich habe ja auch immer noch Instagram und ich glaube, das reicht.
Suri: Ich habe auch kein Tiktok, weil ich das von meinen Eltern nicht darf. Ich habe da in der fünften Klasse Videos hochgeladen, obwohl ich das nicht durfte, und dann haben die mir das verboten.
Jördis: Ich nutze das eher anders. Ich höre Hörbücher auf meinem Handy.
Jos: Ich nutze hauptsächlich Spotify. Ich höre richtig viel Musik.
An der Schafflunder Grund- und Gemeinschaftsschule gibt es seit zweieinhalb Jahren klare Regeln: Grundschüler und Schüler bis einschließlich der achten Klasse dürfen ihre Handys nur ausgeschaltet oder im Flugmodus in der Tasche dabei haben. Neunt- und Zehntklässler können die Handys in der Pause im Klassenraum verwenden.
Wie findet Ihr die Handy-Regeln an Eurer Schule?
Fylu: Eigentlich sollte es ja ein komplettes Handyverbot geben. Weil wir öfter mal Fälle hatten, dass Leute in den Pausen gehänselt wurden und das wurde gefilmt und ins Netz gestellt. Wir sind dann zu dem Kompromiss gekommen.
Maya: Klar, dass hier nicht jeder sein Handy immer benutzen darf, das ist ja offensichtlich. Aber wir waren als Schülervertretung halt auch gegen ein komplettes Handyverbot. So wie das jetzt geregelt ist, finde ich das persönlich ganz gut.
Aber ist es nicht relativ einfach im Unterricht, das Handy heimlich rauszuholen? Oder wird man da erwischt?
Ida: Es ist relativ einfach. Das sehe ich auch oft in meiner eigenen Klasse, dass meine Sitznachbarn zum Beispiel für bestimmte Aufgaben Chat GPT nutzen. Oder auch spielen auf dem Handy.
Chat GPT, also künstliche Intelligenz, in der Schule ist ja auch ein Thema, das mit großen Befürchtungen verbunden ist. Nutzt ihr das wirklich so viel?
Ida: Ja, also sie benutzen es halt eigentlich nur aus Faulheit. Die sitzen da, gucken sich den Anweisungen an, machen ein Bild davon und schreiben dann in Chat GPT: Nenne mir alle Satzglieder. Und dann schreiben sie das Ergebnis auf und sagen: Ich bin fertig. Das bringt ja jetzt nicht so wirklich viel, weil du lernst ja nicht, was Satzglieder sind.
Mika: Das Ergebnis ist auch nicht immer richtig.
Von Euch hat also noch nie einer heimlich sein Handy im Unterricht benutzt?
Maya: Also ich glaube, das macht jeder mal. Es wäre ja gelogen, wenn wir alle sagen, nee, unser Handy ist immer weg. Die Lehrkraft ermahnt einen oft nur. Aber es kann halt auch sein, kommt auf den Lehrer an, dass man das dann abgeben muss für den restlichen Schultag.
Lehrerin Katrin Sonnberg begleitet das Gespräch der Schüler mit der Presse. Sie glaubt, die Handyregelung habe die Situation entspannt. Ob mit oder ohne Handy – digital sind die Schüler an der Schule zwischen den Meeren ohnehin unterwegs. Jeder Schüler hat ein iPad, mit dem auch im Unterricht gearbeitet wird.
Mika: Und Chat GPT würde definitiv auch auf dem iPad funktionieren.
Wenn jetzt in der Politik diskutiert wird, ob es einheitliche Regeln für Handys an Schulen geben soll, was sagt Ihr dazu?
Fylu: Wenn es einheitlich wäre, fände ich es gut. Aber zum Beispiel Mika: Der kommt aus Sprakebüll, das ist schon ein Stückchen weit weg. Und wenn jetzt zum Beispiel mal die fünfte Stunde ausfällt, und sechste, dann kann er mal schnell bei seinen Eltern anrufen, ob die ihn abholen. Klar kann man das Argument bringen, dass in der Verwaltung ein Telefon ist, aber dann laufen da 20 Kinder hin zur Verwaltung, wollen alle einmal anrufen ...
Ihr habt vorhin das Thema Mobbing im Netz kurz angesprochen. Habt Ihr das selbst schon erlebt?
Auch darüber sprechen die Jugendlichen offen. Eines der Mädchen erzählt von einer ehemaligen Freundin, die sie auf Tiktok „richtig runtergemacht“, sogar Todesdrohungen geschickt hat. Ihre Eltern seien dann eingeschritten, seitdem nutze sie die Plattform nicht mehr. Eine andere Schülerin berichtet von einer Freundin, die Mobbing im Netz erlebt hat.
Fylu: Ich glaube, jeder, der auf Instagram oder Tiktok unterwegs ist, findet immer wieder mal rassistische, sexistische Parolen. In den Kommentaren besonders. Jeder ist schon mal mit Hass im Netz in Berührung gekommen. Allein nur beim Lesen.
Lehrerin Katrin Sonnberg erzählt von der AG der Net Heroes, die die Schule gegründet hat, die insbesondere jüngere Schüler beim Thema Mobbing im Netz unterstützten. Gegen Mobbing, da sind sich die Schüler einig, helfen klare Handy-Regeln auch nicht. Allerdings könnten dann Jugendliche nicht mehr so einfach gegen ihren Willen gefilmt und die Bilder ins Netz gestellt werden.
Quelle - SHZ Friederike Reußner
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